obla di obla da ... life goes on

Zwei Tage nach dem Terror in Frankreich steht die Welt für Millionen von Gedenkminuten still und es beginnt mit fliegerstreifdurchkreuzter rosa Himmelsfärbung ein indianischer Morgen am Fuße der Rax. Hundert Kinderstimmen turnen über Leitern und Sprossenwände und brummende Rohre der Ghega Halle. Unten vor der Bühne atmet ein Mann mit Flöte die atemlose Stimmung, bis die Stille über alle bunten Köpfe ihre Flügel breitet als sollten daraus neue Kinder schlüpfen. Und so ist es. Denn jetzt beginnt das Lied des großen Vogels, wird hörbar durch die Flöte von Wade Fernandez aus dem Stamm der Menominee. Es braucht keine Worte, um den Traum zu verstehen, den alle Seelen träumen, wenn sie die Melodien aus der Zedernflöte in sich aufnehmen. Wade spielt. Mit Gedanken von Gemeinschaft und Einzigartigkeit, vom Glück in Frieden zu leben und davon dieses kostbare Glück durch Liebe zu bewahren. Wades Atem, der den Atem der Kinder atmet, fließt durch das kostbare Holz, das sein Reservat in Wisconsin selbst aus dem Weltall als grünes Juwel sichtbar macht. Er zaubert die Stimmen der Natur, das Heulen von Wölfen, Klopfen von Spechten, den Gesang des Vogels, der seine Schwingen über alles spannt. Und obwohl es keine Worte braucht, erzählt er auch vom Entstehen der allerersten Flöte tief in den Wäldern seines Reservats. Es ist die friedliche Geschichte eines Jungen, der ein Mädchen, das er mag, zur besten Freundin haben möchte und nach vielen vergeblichen Versuchen durch das Erfinden der Flöte ihr Herz gewinnt. Aus dem Herzen leben und aus dem Herzen spielen ist die Botschaft an seine Zuhörer. Es braucht Mut für die Schülerin Vincenta, die den Vortag mit Wades Kunst in einem Workshop verbringen durfte, sich nun mit einer Native American Flute vor ihre Mitschüler zu stellen und nicht zu wissen, welches Lied sie aus ihrem Herzen durch die Flöte lassen wird. Frei spielen, ohne Noten, ohne Konzept, frei wie der Vogel singt. Aber auch der Mut, den sie jetzt findet, kommt aus der Weisheit des „Indianers“ (wie wir den Indigenen aus Gewohnheit immer noch bezeichnen). Am Abend vorher hat er die Performance des Musikers als liebevolles Geschenk an einen liebsten Menschen beschrieben, als Gabe, die einfach und direkt aus der Seele kommt, das Künstler-Ich zum Durchgang macht. Es geht um die Musik, nicht um mich. So also kann seine junge Schülerin sich selbst vergessen und, von Wades Gitarrentraum in A Moll begleitet, das Lied ihrer Seele finden. Ein Rounddance zum Abschied, denn Wade wird weiterziehen. Was bleibt ist ein indianischer Himmel, die Schrift des Windes, über dem Black River von Payerbach.